„Wie Ekel gegenüber Sp***a überwinden?“

Eine Frau fragte das Team Dr. Love am 29.3.2021 folgendes

Liebes Team Dr. Love,

vor allem in Pornos ist viel Sperma zu sehen: Sperma im Mund der Frau, Sperma im Gesicht der Frau, Sperma auf den Brüsten der Frau etc.

Ich weiß, dass viele Frauen damit entweder kein Problem haben (neutral) oder es schön finden. Ich finde Sperma eklig und will es weder im Mund noch auf der Haut haben.

Gerade bahnt sich eine neue Beziehung an und der zukünftige (Sex-)Partner hat mir schon erzählt, dass er orale Befriedigung (mit Schlucken) und sein Sperma auf die Partnerin zu spritzen sehr liebt.

Ich finde es blöd, dass ich damit ein Problem habe. Was kann ich tun, um meinen Ekel gegenüber Sperma zu überwinden?

Über Tipps würde ich mich sehr freuen.

Gruß
T.

Chono antworteten

Liebe Tara,

“bitte entschuldige diese lange Antwort, für eine kurze hatte ich keine Zeit” (Zitat, keine Ahnung von wem) 🙂

Vielen Dank für diese wichtige und mutige Frage.

Bevor ich auf Deine eigentliche Frage eingehe, was Du tun kannst, um Deinen Ekel gegenüber Sperma zu überwinden, möchte ich erstmal sagen, dass ich die Reaktionen der Frauen auf Sperma in meinem Umfeld deutlich anders erlebt habe. Sowohl bei meinen privaten SexpartnerInnen, als auch bei Teilnehmerinnen, die sich in verschiedenen unserer Workshops in einer Gruppenübung zu der Frage im Raum aufgestellt haben, wobei die eine Seite des Raumes “Ich liebe es” und die andere “Ich hasse es” bedeutete, zeigt sich in etwa dieses Bild:

Eine “neutrale” Reaktion auf Sperma gab es nie. Die meisten dieser Frauen mögen Sperma im Mund oder im Gesicht gar nicht. Dafür mögen es aber interessanter Weise deutlich mehr Männer als ich erwartet hätte: Eigenes oder fremdes Sperma im eigenen Mund, tatsächlich – ich übrigens auch. Auf der Haut außerhalb des Gesichtes ist es den Frauen meist egal und in der Yoni finden sie es in der Regel natürlich und erleben gern den Orgasmus des Mannes auf diese Weise, wobei das Sperma eher eine Nebenrolle spielt. Darum finde ich es schon auch interessant, noch mal zu fragen, ob das “blöd-finden” wirklich Deins ist, oder ob Du es von den Menschen, die Du liebst, nicht auch ganz oder teilweise übernommen hast – vermutlich ist beides wahr.

Aber zurück zu Deiner eigentlichen Frage, ich denke, dass die folgenden Gedanken Dich in Deinem Vorhaben, Dein Ekel-Erleben durch ein Genuss-Erleben in Verbindung mit Sperma zu ersetzen, unterstützen können – es handelt sich dabei um einen Selbsthypnose-Ansatz, frei nach Gunther Schmidt:

Ich hoffe, dass ich Dein Ziel damit für Dich gut formuliert habe, denn ich bin der Meinung, es sollte nicht Dein Ziel sein, den Sperma-Ekel “auszuhalten”, sondern Dein einschränkendes Ekel-Erleben durch ein bereicherndes Genuss-Erleben oder wenigstens durch ein entspannendes Gleichmut-Erleben zu ersetzen.

Mache Dir als erstes bewusst, dass Dein Ekel wirklich nur DEIN Ekel ist, er ist voll und ganz in Dir und Teil Deiner jetzigen Persönlichkeit – Du bist also NICHT Opfer Deines Ekels, sondern – wenn auch nicht absichtlich – die Täterin, “Du ekelst Dich” – das ist ein erlerntes Verhalten, keine Veranlagung und vor allem keine Eigenschaft des Spermas – Also liegt es in Deiner Macht, damit aufzuhören.

Es wird vermutlich schwierig, UND es ist machbar… und schwierig, und machbar… und schwierig… und machbar. Ich betone das “schwierig” so, um Dich davor zu schützen, dass Du Dich selbst dafür fertig machst, wenn es Dir nicht auf Anhieb gelingt, oder Du mehrere Anläufe brauchst. Du hast Dir da ein schönes Stück Wachstum vorgenommen, gib ihm Zeit.

Du hast geschrieben, dass Du “es blöd findest, dass Du damit ein Problem hast.” – Ich finde das gar nicht blöd. Ich bin mir sicher, dass dies die adäquate Reaktion Deines intelligenten Organismus ist, zu diesem Zeitpunkt und im Kontext Deiner persönlichen und gesellschaftlichen Vergangenheit.

Es ist nicht hilfreich – und wie ich finde, auch nicht angemessen respektvoll Dir selbst gegenüber, Deinen intelligenten Organismus dafür zu verurteilen, dass er angemessen reagiert. Im Gegenteil: Der Ekel ist für’s Erste eine kompetente Leistung Deines Systems, die Du an dieser Stelle würdigen darfst. Allein schon, weil Du ansonsten noch zusätzliches unangenehmes Erleben erzeugst, welches Du mit dem Sperma-Thema assoziierst, nämlich Selbsthass. Damit würdest Du Deinem – ebenfalls adäquaten – Vorhaben, ein genussvolles Sperma-Erleben zu erzeugen, gehörig im Wege stehen.

Es ist darum ebenfalls sehr wichtig, dass Du Dir für diese Umstellung viele “Ehrenrunden” erlaubst. Dein momentanes Verhalten, das Dich-Ekeln, ist derzeit tief verankert in Deinem limbischen System. Es ist – noch – unwillkürlich, und – Gesetz: – das unwillkürliche Verhalten ist IMMER stärker und schneller, als das gewünschte Verhalten. Der Weg ist also der, dass Du Dich selbst so konditionierst, dass das gewünschte Verhalten mit der Zeit unwillkürlich, also ohne Deine Kontrolle von selbst geschieht.

Klingt schwierig oder anstrengend? Dann erinnere Dich, dass Du auf diese Weise schon vieles gelernt hast, wie beispielsweise Laufen, Radfahren, Sprechen oder Schwimmen, es gilt also nur, eine Fähigkeit zu aktivieren, die Du schon längst hast.

Das braucht Zeit und Beharrlichkeit, und es ist machbar. Es braucht Ehrenrunden, und es ist machbar. Es braucht viele kleine Schritte – “Micro-Challenges” – wie bei Beppo dem Straßenkehrer, der immer nur an den nächsten Besenstrich denkt, an den nächsten Schritt. Es braucht Motivation, die wirst Du an manchen Tagen haben, und an anderen Tagen nicht, das ist völlig okay, gönn Dir immer wieder Pausen damit. UND: Es ist machbar. 🙂

Wichtig ist auch, dass Du mit Deinem Partner darüber sprichst. Nimm ihn mit ins Boot. Sag ihm ganz ehrlich, wo Du stehst und was Dein Vorhaben ist, und dass Du es ganz entspannt und in Deinem eigenen Tempo machen willst. Bitte ihn um Geduld, bitte ihn, Dir da keinen Druck zu machen. Lass ihn hören und spüren, dass Du seine Wünsche gehört hast, verstehen und wertschätzen kannst – was Dich zu nichts verpflichtet – und dass Du ihm nichts versprechen möchtest, und dass Du Lust hast, an dem Thema zu arbeiten – auf Deine Weise.

Mach kleine Schritte und arbeite mit Autosuggestion. Nur Du selbst kannst erspüren und entscheiden, welches für Dich dabei die richtigen Schritte und welches die geeigneten Suggestionen sind.

Mache Dir folgendes einmal sehr bewusst: Die ERLEBTE WIRKUNG, die das Sperma auf Dich hat – derzeit Ekel – entsteht, durch die BEDEUTUNG, die Du ihm gibst. Dabei ist – nochmal – die Bedeutung, die Du ihm UNWILLKÜRLICH gibst, immer stärker und schneller, als die gewünschte Bedeutung. Nur durch wiederholte Autosuggestion kannst Du erreichen, dass die gewünschte Bedeutung mit der Zeit unwillkürlich wird, und die alte Bedeutung dadurch “überschrieben” wird.

Ich vermute, dass die unbewusste und mit Ekel verknüpfte Bedeutung bei Dir wie bei den meisten Menschen heutzutage geprägt ist durch die frühkindliche Hygiene-Erziehung. Wir lernen, dass unsere Ausscheidungen, die “da unten” rauskommen, eklig sind. Unsere Eltern/Erzieher machen angewiderte Gesichter und unsere Spiegelneuronen reproduzieren sehr erfolgreich dieses Gefühl bis hin zu echter Übelkeit und Brechreiz.

Sperma, was ja auch aus dem Penis kommt, wird irgendwie auch mit Pipi assoziiert. Vielleicht denken wir auch, “ist irgendwie schleimig, wie Rotze”. Die meisten Menschen haben gegen alle Körperflüssigkeiten eine starke Abneigung, Frauen noch mehr als Männer, weil Mädchen in der Regel noch immer reinlicher erzogen werden als Jungs. Alles was untenrum passiert, müssen wir verstecken, darf niemand sehen, erst recht nicht abbekommen.

Nun ist es erstmal wichtig, sich bewusst zu machen, dass Sperma etwas vollkommen, total, absolut anderes ist, als die Bedeutung, die wir ihm beimessen. Das eine ist eine Körperflüssigkeit mit Spermien, Transportflüssigkeit, aromatischen Lockstoffen, befruchtungsfördernden Botenstoffen und gesunden Nährstoffen, das andere sind gedankliche Konzepte, erlernte Werte, also Informationen in Form von Neuronen in unserem Gehirn. Letztere können wir gestaltend beeinflussen – das ist gar nicht so schwierig und machbar.

Es ist wichtig, dass Du diese “Arbeit” tust, wenn Du in einem guten Zustand bist. Zur Veranschaulichung schreibe ich mal auf, wie das aussehen könnte, wenn ich an Deiner Stelle wäre:

(Ich schreibe mal fiktiv aus Deiner Perspektive)

Wenn ich richtig schönen, intensiven, heißen Sex mit ihm hatte, und er in meiner Yoni gekommen ist, spüre ich erstmal der Begegnung nach und spüre das wohlige, magische Gefühl in meinem Körper. Wahlweise könnte ich mir diese Situation auch erst einmal nur im Geiste und/oder bei der Masturbation vorstellen, auch das wird schon einen starken Effekt haben.

Ich liege also wohlig entspannt und zufrieden da und spüre, wie göttlich sich das anfühlt, als Frau von dieser puren, männlichen Energie durchdrungen zu sein, diese Kraft und Leidenschaft, die mein Gefäß füllt. Ich staune (wichtig!) darüber, wie anders, wie fremd und doch zugleich willkommen diese Qualität in mir ist und voller Neugier spüre ich seinen Samen im Inneren meiner Yoni. Ich kann es physisch zwar kaum spüren, aber es hat eine starke Energie! Es ist purer, gebündelter Lebenssaft, den er mir geschenkt hat, die Essenz des göttlich-männlichen Prinzip als flüssiges, reines Elixier in meinem Schoß! Es fühlt sich etwas ätherisch an, wie ein leichtes Brennen, das Feuer, was der Flüssigkeit innewohnt. 

Neugierig (wichtig!) taste ich mit meinem Finger danach, stecke ihn in ein wenig in meine Yoni, fühle und erlebe die physische Konsistenz dieses Elixiers. Ich beobachte, was dies in meinem Körper auslöst. Wenn sich der Ekel zeigt, werde ich es merken, bspw. daran, dass sich mein Magen verkrampft oder meine Kehle eng wird. Dann nehme ich mir Zeit, atme in diese Körperregionen und sende Weite, Licht und Entspannung dorthin. Ich fühle mein Herz, meine Liebe und mache mir bewusst, dass das Sperma nichts geringeres ist, als die männliche Essenz des Menschen, den ich liebe, seine Zeugungskraft, seine göttliche Kreativität in stofflicher Form! Ich taste nach meinem inneren Ja, dazu, dass dies die physische Erscheinung ist, dass sie ist, wie sie ist. 

Wenn ich bereit bin, dieses Mal, eine Woche, einen Monat oder ein Jahr später, wage ich voller Neugier den nächsten Schritt. Ich nehme etwas von seinem Sperma mit meinem Finger aus meiner Yoni und verteile es woanders auf meinem Körper – vielleicht auf meinem Bauch, auf meinen Brüsten, an meinem Hals, male Herzchen oder schöne Worte damit und wenn ich bereit dazu bin, atme ich auch mal ganz bewusst den Duft seines Spermas ein. Ich atme ihn tief in mein Herz und lasse ihn dort in Ruhe wirken. Wenn sich der Ekel zeigt, kümmere ich mich wieder darum, versuche die Körperreaktionen des Ekels wahrzunehmen, da sein zu lassen und mich damit zu entspannen.

Wenn ich bereit bin, dieses Mal oder ein anderes Mal, probiere ich den Geschmack, lasse den Geschmack in mir wirken, staune darüber, vielleicht auch über die Fremdartigkeit und lasse mir ganz viel Zeit, dass wir – der Geschmack und ich – uns langsam kennen- und lieben-lernen.

Wenn ich bereit bin, lade ich meinen Liebsten vielleicht auch ein, mich leidenschaftlich vollzuspritzen, vielleicht erstmal meinen Bauch, oder meine Brüste, oder meinen Po, vielleicht später mein Gesicht oder sogar meine Zunge (Achtung, Augen zu, das brennt!). Ich bin ganz dabei, mit meinem Bewusstsein und allen Sinnen, weide mich an seiner Lust, seiner Kraft, seiner Männlichkeit, seiner liebevollen, nackten Ehrlichkeit. Ich heiße ihn mit seinem ganzen Wesen, seinem ganzen Sein und natürlich auch seinem Sperma in meiner Welt willkommen. Ich erlaube mir, mich davon berühren zu lassen und begrüße voller Neugier alles, was sich fremd anfühlt, alles, was da erstmal komisch, anders und im ersten Moment irgendwie eklig ist. Ich verbinde mich immer wieder mit meiner Dankbarkeit, für die Begegnung, das Geschenk, die Erfahrung, diesen wundervollen Mann, den sagenhaft geilen Sex und den herrlichen, cremig-weißen, würzig-ätherischen Nektar seiner Männlichkeit!

So oder so ähnlich würde ich also vermutlich vorgehen, wenn ich an Deiner Stelle wäre – das ist aber nicht der Fall, darum wiederhole ich nochmal: Nur Du selbst kannst erspüren und entscheiden, welches für Dich die besten Schritte und welches die wirksamsten Bilder, Bedeutungen und damit Autosuggestionen sind.

Soviel von mir, es hat mir Spaß gemacht und hoffe, es ist hilfreich für Deine Selbstwirksamkeit.

Liebe Grüße
Chono

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